Zwanzig Jahre Nemuk: eine Erfolgsstory

20 Jahre Nemuk

Gleichsam still und leise ist Nemuk dieses Jahr zwanzig Jahre alt geworden. Keine grosse Feier. Kein Ausschlachten in den Medien. Doch ganz so einfach wollten wir Mitgründer Rémy Sager nicht vom Haken lassen. Höchste Zeit für ein Interview. Schliesslich macht man definitiv etwas richtig, wenn man eine Online-Agentur gründet, die es auch zwei Dekaden später noch gibt.

Lieber Rémy, herzliche Gratulation zu zwanzig Jahren Nemuk! Was hat dich 2001 dazu bewogen, Nemuk mitzugründen?

Vor allem die Neugier, einen damals recht neuen Kommunikationskanal auszuloten. Einen Kommunikationskanal, mit dem viele Unternehmen noch nicht viel anzufangen wussten. Aber bei dem Qris Riner und ich ein enormes Entwicklungspotenzial sahen. Bevor Qris und ich Nemuk gründeten, arbeiteten wir gemeinsam im selben Unternehmen.

Unser Fokus lag auf dem Direkt- und dem Dialogmarketing. Aus unserer Sicht war E‑Mail-Marketing die perfekte digitale Ergänzung zur damals vor allem analogen Marketingkommunikation. So entschlossen wir uns, ins kalte Wasser zu springen und uns selbstständig zu machen.

Und das vermutlich mit wenig Vorwissen …

Das stimmt. Klar haben wir uns von den Entwicklungen in den USA inspirieren lassen und uns über amerikanische Websites und Bücher Wissen angeeignet. Starke Impulse lieferte uns zum Beispiel Seth Godin, ein Vorreiter des Online-Marketings. Unter anderem schrieb er 1999 das Buch «Permission Marketing: turning strangers into friends, and friends into customers». Der (damals) bestechende Gedanke dahinter: Wenn jemand aktiv Ja dazu sagt, regelmässig Newsletter von deinem Unternehmen zu erhalten, ist das die perfekte Basis, um neue Kunden zu gewinnen. Immer vorausgesetzt, man vergeigt es nicht mit drögen Inhalten. Der Rest war eine Mischung aus Abenteuerlust, Learning by Doing und Glück.

Weswegen Glück?

Mit einem spannenden Business-Modell allein ist der Erfolg noch nicht sicher. Der Markt muss auch reif sein für deine Dienstleistung. Wir hatten in doppelter Hinsicht Glück: Einerseits begann die Schweizerische Post vor zwanzig Jahren, sich intensiv mit dem Thema-E-Mail-Marketing auseinanderzusetzen. Andererseits hatten wir dank unseres vorherigen Jobs Kontakt zu den richtigen Per Personen. Kurz und gut: Mit der Post gewannen wir bereits im ersten Jahr einen gewichtigen Kunden. Zunächst stand die strategische Beratung im Zentrum, was schon mal sehr cool war. Noch mehr half uns, dass wir in den Direct- Marketing-Zentren der Post Seminare und Workshops zum Thema Permission Marketing geben durften. Für uns war das indirekt die beste Akquise, die uns immer wieder Kunden brachte. Ebenfalls zu der Zeit begann die langjährige Zusammenarbeit mit Swisscom und Betty Bossi. Sie unterstützten wir bei der Entwicklung einer E‑Mail Marketing-Strategie, der Evaluation von E‑Mail-Versandsystemen und bei der Umsetzung von Kampagnen. Dass wir diese klingenden Namen in unserem Portfolio hatten, half uns selbstverständlich auch bei der Akquise neuer Kunden im KMU-Markt. Wir kamen da quasi in den Genuss eines Vertrauensvorschusses.

Du hast vorhin die E‑Mail-Versandsysteme erwähnt. Seid ihr da auf eines fokussiert?

Für Kunden das «richtige» Versandsystem zu finden, war und ist selbstverständlich immer ein Thema. Für uns ist es deshalb wichtig, systemunabhängig zu sein, um frei auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen zu können.

Trotzdem: Als wir Nemuk gründeten, sahen wir uns nach einem Versandsystem um, das zu uns passte und das wir für unsere Kunden einsetzen wollten. Erneut holten wir uns die Inspiration aus den USA und schauten dann, ob es in der Schweiz oder zumindest in Europa Anbieter adäquater Systeme gab. So stiessen wir auf Emarsys. Emarsys war damals eine kleine Firma in Wien, die E‑Mail-Versandsoftware wurde von ehemaligen Game-Programmierern entwickelt. Vielleicht ist das der Grund, dass uns die Nutzung des Systems heute noch Spass bereitet. Partner sind wir auf jeden Fall nach wie vor. Emarsys hat ihren Job so gut gemacht, dass sie ihre Lösung ständig erweitert haben und parallel dazu beachtlich gewachsen sind. Vor Kurzem wurden sie von SAP aufgekauft, was sich auch auf uns auswirkt. Aktuell sind wir deshalb daran, zertifizierter SAP-Partner zu werden. Neben Emarsys haben wir heute aber diverse Systeme im Einsatz. Eine gute Partnerschaft pflegen wir zum Beispiel auch mit dem Schweizer Unternehmen MailXpert.

Ich vermute mal, Emarsys steht für E‑Mail-Marketing-System. Was bedeutet Nemuk?

Das ist eine witzige Geschichte. Wir haben damals nach einem eingängigen und vor allem kurzen Namen gesucht. Einem, dessen URL rasch eingetippt ist. Und den es noch nicht gibt. So kamen wir auf Nemuk – zunächst ein reiner Phantasiebegriff, den wir hübsch nordisch angehaucht fanden.

Weshalb zunächst?

Nun ja, eines Tages erhielten wir einen Drucker geliefert. Der Lieferant fragte uns, was denn Nemuk hiesse. Und setzte nach: «Neue elektronische Medien oder was?» Spontan antwortete Qris: «Genau: Neue elektronische Medien und Kommunikation.» So gesehen, gab es bei uns also zunächst das Akronym und erst dann die Erklärung dazu.

Was bietet ihr heute?

Unser Kernthema ist dasselbe wie vor zwanzig Jahren: E‑Mail-Marketing. Selbstverständlich hat sich dieses – und parallel dazu wir uns weiterentwickelt. Aktuelle Stichworte: Automation und datengetriebenes Marketing.

Unsere Dienstleistungen sind breit gefächert: Beratung, E‑Mail-Marketing- und Content-Strategien, dazu passende Konzepte. Wir bauen automatisierte Kommunikationsstrecken auf, liefern Designs und Inhalte, unterstützen bei der Auswahl der passenden Systeme und bei der Anbindung an CRM-Systeme.

Zwischenzeitlich tummelten wir uns zusätzlich auf anderen, wenn auch artverwandten Gebieten. Zum Beispiel programmierten wir Websites, als das noch nicht jeder per Baukastensystem selbst erledigen konnte. Wir entwickelten Social-Media-Strategien und erstellten Content dafür. Zudem konzipierten und realisierten wir Erklärvideos.

Inzwischen haben wir uns auf unsere Kernkompetenzen rückbesonnen. Nicht weil uns andere Themen nicht auch interessierten, sondern um uns nicht zu verzetteln und unsere Kräfte zu bündeln. Auch unsere Partnerschaften haben wir entsprechend ausgerichtet. So arbeiten wir zum Beispiel eng mit der Firma Qmart zusammen, wenn es um Daten und Prozesse geht.

Wie haben sich E‑Mail-Marketing und Automation über die letzten zwanzig Jahre entwickelt?

Ach ja, die guten alten Zeiten des E‑Mail-Marketings. Damals, als sich die Empfängerinnen und Empfänger noch gefreut haben, wenn es hiess: «You’ve got mail.» Spass beiseite: Vor zwanzig Jahren bediente sich auch das E‑Mail-Marketing vor allem des Giesskannenprinzips. Einfach dieselben Botschaften an alle Abonnenten raushauen. Das höchste der Gefühle war die Personalisierung der Anrede. Dieses Vorgehen war allerdings der fehlenden Datengrundlage geschuldet. Und da sind wir heute um Lichtjahre weiter. Automation und datengetriebenes Marketing bieten die Möglichkeit, in Echtzeit granulare, datenbasierte Segmente zu bilden und personalisierte, individuelle – ja sogar verhaltensbasierte – Inhalte an diese auszuspielen. Kurz: Vor zwanzig Jahren war der Dialog one-tomany – heute ist er one-to-one. Oder könnte es zumindest sein.

Aber die Komplexität hat zugenommen?

Logisch ist E‑Mail-Marketing dank der neuen Möglichkeiten viel komplexer geworden. Und dadurch übrigens auch spannender. Rein technisch gesehen, ist Automatisierung verhältnismässig einfach. Es gibt viele gute und recht einfach zu bedienende Tools. Einige davon haben sogar ganze Workflows wie Willkommensstrecken nach Account-Eröffnungen oder bei Neuabonnenten bereits integriert. Der Haken liegt beim Sammeln, Pflegen und Einsetzen von Daten. Da lohnt es sich, zunächst einmal eine Strategie und ein Konzept zu haben – ohne sich allerdings darin zu verlieren. Der nächste Knackpunkt ist das Erarbeiten einer Content-Strategie und danach der Inhalte. Wir empfehlen deshalb immer, klein zu beginnen. Mal eine automatisierte Kommunikationsstrecke zu entwickeln und umzusetzen und dann zu schauen, was bereits gut funktioniert und wo Anpassungen notwendig sind. Danach folgt die nächste Strecke und so weiter.

Gibt es denn Grundsätze im E‑Mail-Marketing, die damals und heute gleich sind?

Spontan: ansprechende, auf die Empfänger zugeschnittene Inhalte, das sinnvolle Segmentieren der Adressaten – das wie erwähnt heute viel einfacher ist – und das Auswerten von KPIs, um Erkenntnisse zu gewinnen und von Mal zu Mal besser zu werden.

Was fasziniert dich persönlich am E‑Mail-Marketing?

E‑Mail-Marketing ist das Paradebeispiel dafür dass Totgesagte länger leben. In den vergangenen zwanzig Jahren wurde x‑mal sein Untergang prophezeit. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Gerade durch die heutigen komplexen Möglichkeiten ist E‑Mail-Marketing für mich nach wie vor äusserst spannend. Neue Business- Modelle tauchen auf. Ein Teil überlebt. Der Rest verschwindet wieder. Neue Technologien drängen in den Markt und fuhren zu neuen Herausforderungen und Chancen. Wir nutzen heute bereits KI zur Optimierung von E‑Mail-Kampagnen, und das ist erst der Anfang. Das hält den Kopf schön fit.

Abgesehen davon, liebe ich es nach wie vor, für unsere Kunden Strategien und Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Und am Ende zu sehen, dass unsere Überlegungen und Umsetzungen tatsächlich zu mehr Leads oder Umsätzen führen.

Welche Tipps hast du für Neueinsteiger im Bereich E‑Mail-Marketing und Automation?

Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass sich Neueinsteiger zuerst mit der technischen Lösung auseinandersetzen. Das birgt die Gefahr, dass man sich einen Ferrari zulegt, wo ein Smart reicht. Oder, im umgekehrten Fall, dass man sich einen Smart zulegt, aber eigentlich auf die Rennstrecke will. Zunächst sollte man sich also im Klaren darüber sein, was man in den ersten paar Jahren mit E‑Mail-Marketing erreichen möchte. Ob es lediglich darum geht, ein reines Versandsystem zu haben, oder ob man in die Marketing- Automation einsteigen will. Wichtig ist auch, von Anfang an auf guten Content zu setzen, weder zu langweilen noch zu stören, also Inhalte zu versenden, die die Empfängerinnen und Empfänger tatsächlich interessieren. Das ist zwar aufwendig, wird aber recht schnell mit mehr Leads und Verkäufen belohnt.

Und zu guter Letzt: Es schadet sicher nicht, einen Profi mit ins Boot zu holen. Das hilft einem sicherlich dabei, die gängigsten Fehler zu verhindern.

Zum Schluss: Erzähl doch noch uns etwas über dich.

Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe eine Patchwork-Familie mit zwei eigenen Kindern und zwei von meiner Partnerin. Dazu kommt ein Sharing-Hund, der Teilzeit bei uns lebt und das Familienleben bereichert. Entgegen der Erwartung bin ich auf sozialen Medien äusserst zurückhaltend. Die Inhalte sind, nett ausgedrückt, meistens nicht so prickelnd. Da ist mir die Zeit viel zu schade. Im Gegenzug lese ich Bücher, von Fachliteratur über Populärwissenschaftliches bis zu Romanen. Wenn es um neuen Lesestoff geht, lasse ich mich oft durch Empfehlung aus dem Freundeskreis inspirieren.

Was noch? Ich bin ebenso gerne in den Bergen wie am Meer, brauche Bewegung – seit es mit Corona losgegangen ist, gehe ich zu Fuss ins Büro. Da kommen immerhin eineinhalb Stunden pro Tag zusammen. Zeit, die ich nicht verloren, sondern für mich gewonnen habe. Ich bin ein Fan der mediterranen Küche, und als ehemaliger Absolvent der Hotelfachschule koche ich selbst gern. Da ist die einzige Schwierigkeit, dass dasselbe Gericht nie zweimal exakt gleich schmeckt, weil ich während des Kochens dem Freestyle fröne.

Und zum Schluss: Ich bin wirklich dankbar dafür, dass ich so viel Glück habe. Sowohl mit meiner Familie als auch im Job mit meinem grossartigen Team und meinen heutigen Geschäftspartnern Oli Weinstock und Tobie Witzig. Das erachte ich nicht als selbstverständlich.


Dieses Interview ist so auch im persönlich Magazin vom Oktober 2021 erschienen. (hier als PDF zum Download)

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